Weizen auf einem Feld

Von einer Zöliakie ist weltweit mindestens eine von 130 Personen betroffenen – die Dunkelziffer scheint jedoch deutlich höher zu liegen. In diesem Artikel erfährst Du, was eine Zöliakie ist, welche Symptome auftreten und wie man sich ernähren sollte, wenn eine Zöliakie diagnostiziert wurde.

Was ist eine Zöliakie?

Früher wurde die Krankheit im Kindesalter als Zöliakie bezeichnet, im Erwachsenenalter auch als einheimische Sprue oder glutensensitive Enteropathie. Im Zuge der Vereinheitlichung wird heute nahezu ausschließlich der Begriff Zöliakie verwendet, unabhängig davon, in welchem Lebensalter die Krankheit auftritt.

Bei der Zöliakie handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, die in verschiedenen Verlaufsformen auftreten kann und durch eine Glutenunverträglichkeit verursacht wird.

Was ist Gluten?

Im Korn einiger Getreidesorten befinden sich Eiweiße aus den Prolamin- und Glutelingruppen. In den Samen der Pflanzen dienen sie als Speicher. In Verbindung mit Wasser entfaltet Gluten seine Funktionen als sogenanntes Klebereiweiß. Dieses ist dafür verantwortlich, dass der Teig elastisch bleibt. Zudem bildet das Klebereiweiß Bläschen im Teig und sorgt so für die Luftigkeit einer Backware.

Hauptsächlich ist das Klebereiweiß in großen Mengen in Weizen, Dinkel und Roggen sowie in Produkten daraus enthalten. Daher haben diese Getreidesorten gute Back- und Verarbeitungseigenschaften. Bei einer Glutenunverträglichkeit lösen eben diese aber auch die stärksten Beschwerden aus.

Wie viele Menschen sind von einer Zöliakie betroffen?

Weltweit ist etwa eine von 130 Personen – wissentlich – von einer Zöliakie betroffen. In Deutschland schätzungsweise einer von 200 Einwohnern. Die Dunkelziffer ist jedoch deutlich höher, da viele Menschen die mit einer Zöliakie einhergehenden Beschwerden nicht auf das Klebereiweiß zurückführen. Hinzu kommt, dass die Zöliakie in jedem Alter auftreten und verschiedene Verlaufsformen haben kann. Das erschwert die anfängliche Diagnose zusätzlich, sofern die Symptome erst im Erwachsenenalter auftreten. Im Kindesalter ist die Feststellung einer Zöliakie hingegen vergleichsweise einfach.

Ursachen und Risikofaktoren

Was passiert bei einer Zöliakie im Körper?

Besteht eine Zöliakie , löst das Gluten im Dünndarm eine Immunreaktion aus. Es kommt zu einer Entzündung und schließlich einer Schädigung der Darmschleimhaut. Als Resultat daraus kann die Nahrung nicht mehr ausreichend aufgespalten oder Stoffe aus dem Nahrungsbrei nicht mehr in den Körper aufgenommen werden. In der Fachsprache wird dies als Maldigestion und Malabsorption bezeichnet. Dies führt wiederum zu verschiedenen Symptomen.

So reagiert der Körper bei einer Zöliakie

  • Bei der Aufnahme von Gluten in den Darm sorgt die Gewebstransglutaminase (kurz tTG genannt) für eine starke Veränderung eines Teils des Glutens, des sogenannten Gliadins. Die Gewebstransglutaminase wirkt dabei als Katalysator.
  • Das nun veränderte Gliadin verbindet sich mit einem spezifischen körpereigenen Antikörper (kurz auch AK genannt) zu dem sogenannten Gliadin-AK-Komplex.
  • Dieser Komplex löst eine Reaktion des Immunsystems aus. Die körpereigene Abwehr richtet sich gegen das Gliadin, tTG und die Darmschleimhaut.
  • Es werden Stoffe freigesetzt, die zur Zerstörung der Darmzotten, also einer Darmzottenatrophie führen. Sind diese geschädigt, kann die Nahrung nicht mehr optimal verdaut werden. Das wiederum resultiert in der bereits erwähnten Malabsorption und Maldigestion.

Welche Arten der Zöliakie gibt es?

Die Zöliakie kann sich wie bereits erwähnt, auf vielfältige Weise bemerkbar machen. Unterschieden werden, je nach Ausprägung und Anzeichen:

  • Das klassische Vollbild: Diese wurde lange Zeit als einzige Form der Zöliakie erkannt und zeigt sich in erheblichen Verdauungsstörungen, Mangelzuständen und Folgeschäden wie Rachitis oder Osteoporose. Tatsächlich leidet jedoch nur ein kleiner Teil aller Betroffenen an dieser Form der Glutenunverträglichkeit.
  • Mono- und oligosymptomatische Verlaufsform: Diese Art der Zöliakie tritt deutlich häufiger und vor allem bei Erwachsenen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Typisch ist, dass nur ein Symptom oder nur wenige Beschwerden spürbar sind. Aufschluss bringen erst entsprechende Untersuchungen des Bluts und Darms.
  • Atypische Zöliakie: Bei dieser Art der Glutenunverträglichkeit zeigen sich die Symptome nicht als Verdauungsbeschwerden. Stattdessen treten Symptome auf, die scheinbar nichts mit der Verdauung zu tun haben. Darunter Leber- und Hauterkrankungen, wie die Dermatitis herpetiformis Duhring, aber auch das Nervensystem kann betroffen sein.
  • Stumme/ Silente Zöliakie: In Untersuchungen fehlen die typischen Antikörper, dennoch kommt es durch den Verzehr von Gluten zu Veränderungen der Darmschleimhaut und -zotten.
  • Latente Zöliakie: Die latente Zöliakie „schlummert“ gewissermaßen im Körper. Zwar wurde die Glutenunverträglichkeit nachgewiesen, es zeigen sich jedoch keine Symptome. Die vermehrte Aufnahme des Klebereiweißes kann jedoch für einen erneuten Krankheitsschub sorgen.
  • Potentielle Zöliakie: Wer unter einer potentiellen Glutenunverträglichkeit leidet, zeigt selbst keine Symptome – dennoch sind die entsprechenden Zöliakie-Antikörper in Tests nachweisbar. In der Regel handelt es sich um Verwandte von Zöliakie-Betroffenen.
  • Transiente Zöliakie: Diese Art der Glutenunverträglichkeit tritt bei Kleinkindern auf und verschwindet wieder, wenn sie durch eine glutenfreie Ernährung entsprechend behandelt wird. Erneute Krankheitsschübe im späteren Lebensalter gibt es nicht, auch wenn glutenhaltige Lebensmittel verzehrt werden. Daher handelt es sich bei dieser Art nicht im klassischen Sinne um Zöliakie.
  • Refraktäre Zöliakie: Die refraktäre Glutenunverträglichkeit ist eine sehr seltene und schwere Art der Zöliakie. Selbst bei vollständigem Verzicht auf Gluten zeigt sich keine Regeneration im Darm, wodurch eine medikamentöse Behandlung erforderlich wird.

Wie entsteht eine Zöliakie?

Die Betroffenen scheinen eine erbliche Veranlagung aufzuweisen, dennoch leiden nicht alle mit dieser genetischen Prädisposition unter einer Zöliakie. An der Entstehung sind also auch weitere Faktoren beteiligt. Dazu gehören:

  • Darminfektionen: Akute aber auch chronische Erkrankungen des Darms, wie Morbus Crohn und Culitis ulcerosa, schwächen den Darm und begünstigen die Ausbildung einer Unverträglichkeit.
  • Stilldauer und Zeitpunkt der Gluteneinführung in die Ernährung: Eine Stilldauer von mindestens sechs Monaten scheint einen gewissen Schutz gegen Zöliakie darzustellen. Zudem ist der Zeitpunkt der Gluteneinführung in die Ernährung entscheidend. So leiden beispielsweise sehr viele Kinder und Erwachsene in Schweden unter der Zöliakie, da hier zwar lange gestillt wird jedoch auch zeitig Gluten in größeren Mengen beigefüttert wird. Im Gegensatz dazu wird in den USA kürzer gestillt, Gluten aber später in den Speiseplan eingeführt – was zu einer deutlich geringeren Anzahl an Erkrankten führt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, erst ab dem 6.Lebensmonat glutenhaltige Beikost zuzufüttern.
  • Erhöhte Darmpermeabilität: Bestimmte Krankheiten, wie Intoleranzen, Pankreasinsuffizienz und Infektionen, aber auch Stress und Fehlbesiedlungen mit Bakterien können den Darm durchlässiger machen und dadurch eine Zöliakie begünstigen. Zudem zeigt sich, dass das Geschlecht eine Rolle zu spielen scheint. So erkranken deutlich mehr Mädchen als Jungen.

Welche Risikofaktoren begünstigen die Entstehung einer Zöliakie?

Neben den bereits genannten Faktoren können auch die folgenden Faktoren eine Zöliakie begünstigen beziehungsweise auslösen:

  • Diabetes mellitus Typ 1
  • Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen
  • Osteoporose
  • Eisenmangelanämie
  • Down-Syndrom

Welche Symptome treten auf?

Die Symptome können – abhängig vom Alter des Betroffenen, der Art und der Schwere der Schädigung im Darm – sehr unterschiedlich ausfallen und beschränken sich nicht in jedem Fall auf die Verdauung. Zu ihnen gehören:

  • Durchfall aber auch Verstopfung
  • Blähungen und Blähbauch, Völlegefühl
  • Gewichtsverlust oder anhaltender Hunger
  • Appetitlosigkeit
  • Fettstühle
  • Bauchschmerzen
  • Erbrechen
  • Gereiztheit, Abgeschlagenheit und Müdigkeit
  • Verringerte Leistungsfähigkeit und Lustlosigkeit
  • Atypische Symptome der Glutenunverträglichkeit

Bei einer fortgeschrittenen Schädigung des Darms oder atypischen Ausprägungen der Krankheit sind zudem die folgenden Symptome möglich:

  • Mangelzustände, vor allem in Bezug auf Eisen, Eiweiß und Vitamine
  • Wachstumsstörungen bei Kindern
  • Rachitis
  • Osteoporose
  • Knochenschmerzen und Gelenkentzündungen
  • Erhöhte Krankheitsanfälligkeit
  • Zahnschmelzdefekte
  • Verminderte Sexualfunktion, Menstruationsstörungen, Unfruchtbarkeit
  • Ödeme
  • Nierenerkrankungen
  • Hautkrankheiten

Wann solltest Du bei einem Verdacht zum Arzt gehen?

Du solltest immer dann einen Arzt aufsuchen, wenn bei Dir ein oder mehrere der genannten Symptome auftreten. Auch bei unklaren anhaltenden Verdauungsstörungen oder Bauchschmerzen ist ein Arztbesuch angebracht.

Diagnose

Die Zöliakie wird durch verschiedene Tests nachgewiesen. Darunter:

  • Blutuntersuchungen zum Nachweis von Transglutaminase und/oder Endomysium-IgA-Antikörper
  • Test auf IgG-Antikörper gegen deamidierte Gliadinpeptide
  • Ausschluss eines IgA-Mangels
  • Bei Kindern unter 2 Jahren wird auf Gliadin-IgA- und –IgG- Antikörper durchgeführt
  • Gezielte Ausschlussdiät

Zusätzlich wird eine Darmbiopsie durchgeführt, um die Krankheit eindeutig nachzuweisen und eventuell bereits bestehende Schädigungen an der Darmschleimhaut und den Darmzotten zu diagnostizieren.

Behandlung

Die einzige bisher bekannte Behandlung ist eine streng glutenfreie Ernährung. Je nach Art der Zöliakie kann diese nur vorübergehend oder aber auch lebenslang erforderlich sein.

Ernährung

Aufgrund der nötigen, strikt glutenfreien Ernährung muss penibel darauf geachtet werden, entsprechende Produkte zu meiden. Achte dazu auf das Zeichen für glutenfreie Produkte, also die durchgestrichene Ähre auf der Verpackung. Das gilt auch für Getränke, wie beispielsweise Bier, denn das Klebereiweiß steckt längst nicht nur in Backwaren und Nudeln.

Integriere glutenfreie Getreide, Pseudogetreide und die immer zahlreichender werdenden glutenfreien Produkte aus diesen Sorten in Deinen Speiseplan. Dazu gehören:

  • Buchweizen
  • Quinoa
  • Amarant
  • Hirse
  • Teff beziehungsweise Zwerghirse
  • Mais
  • Reis

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Quellen

  • Sabine Nieslony: Lebensmittel für eine besondere Ernährung : internationale Standards und Richtlinien. Behr, 2011, ISBN 3899478703
  • Wolfgang Frede: Handbuch für Lebensmittelchemiker : Lebensmittel – Bedarfsgegenstände – Kosmetika – Futtermittel. Springer, 2010, ISBN 3642016847
  • Susanne Andreae: Lexikon der Krankheiten und Untersuchungen : [mit] 85 Tabellen; [die 1000 wichtigsten Krankheiten und Untersuchungen]. Thieme, 2008, ISBN 3131429623
  • Körner, Ute; Schareina, Astrid: Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten (in Daignsotik, Therapie und Beratung). Haug Verlag, 2010, Suttgart. ISBN 9783830473886
  • Balakireva, A. V. and A. A. Zamyatnin (2016). „Properties of Gluten Intolerance: Gluten Structure, Evolution, Pathogenicity and Detoxification Capabilities.“ Nutrients 8(10).
  • Czaja-Bulsa, G. (2015). „Non coeliac gluten sensitivity – A new disease with gluten intolerance.“ Clin Nutr 34(2): 189-194.

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